DGfN auf dem DÄT – Bericht vom 129. Deutschen Ärztetag in Leipzig

: Die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie war beim Deutschen Ärztetag vertreten und fasst die für die Nephrologie wichtigsten Beschlüsse zusammen: Der 129. Ärztetag stellte Weichen für eine zukunftsfähige Ausrichtung der Medizin.

Dazu gehören in erster Linie die seit langem vorbereitete Neugestaltung der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) und eine intensive Auseinandersetzung mit dem Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG). Besonderes Augenmerk wurde auf Korrekturbedarf bei der Leistungsgruppensystematik und auf Berücksichtigung der ärztlichen Weiterbildung und des Personalbedarfs gelegt. Mit einem klaren Bekenntnis zu mehr Prävention verankerte der Ärztetag auch Aspekte von Nachhaltigkeit und Krisenresilienz. Zum Thema künstliche Intelligenz (KI) wurde insbesondere im Dialogforum mit jungen Ärztinnen und Ärzten intensiv um einen sinnvollen und sicheren Einsatz gerungen – bei einem Grundverständnis, dass KI in der Medizin wie auch in allen übrigen Bereichen des täglichen Lebens inzwischen fester Bestandteil des Alltags ist.

GOÄ-Novelle

Die Delegierten des 129. Deutschen Ärztetags votierten in Leipzig mit einer überraschend großen Mehrheit (212 Ja-Stimmen bei 19 Nein-Stimmen) für den gemeinsamen Entwurf von der Bundesärztekammer (BÄK), dem Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) und der Beihilfe [1]. Kritik hatte es eher von den Vertretern der technischen Fächer gegeben, die bei einigen bisher sehr auskömmlich finanzierten Leistungen mit Einbußen rechnen müssen. Betroffen sind insbesondere Leistungen der Bildgebung, die operativen Fächer, die endoskopierenden Gastroenterologen und die interventionellen tätige Kardiologen [2]. Auch Laborleistungen sollen künftig niedriger bewertet werden als bisher. Eine deutlich bessere Vergütung erhalten Gespräche, Beratungen und die dauerhafte Betreuung chronisch Kranker [3]. Auch Leistungen rund um die ePA, eHealth und telemedizinische Behandlungen werden abgebildet [4]. Die überwiegende Zahl der Delegierten wertete das Ergebnis als guten und überfälligen Kompromiss. Auch für die Nephrologie wird das Ergebnis als tragfähig eingeschätzt, insbesondere da nun eine sichere Abrechnungsmöglichkeit der Dialyse-Leistungen vorliegt. Der gemeinsame Entwurf der novellierten GOÄ wird nun an das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) übergeben, mit der Aufforderung, als Verordnungsgeber die Novelle formal umzusetzen. Der Vorstand der BÄK wurde per Beschluss beauftragt, sich dafür einzusetzen, dass die GOÄ-Reform zügig in Kraft gesetzt wird.

KHVVG und Krankenhausreform

Grundsätzlich äußerte sich der Ärztetag positiv zur im Koalitionsvertrag festgehaltenen Absicht der neuen Bundesregierung, die Krankenhausreform fortzuführen und zugleich weiterzuentwickeln [5]. Es sei richtig, sowohl die Leistungsgruppensystematik als auch die Vorhaltevergütung nochmals zu überprüfen und - wo erforderlich - anzupassen und die Übergangsphase zu verlängern. Zunächst müsse seitens des BMG dafür gesorgt werden, dass für jede der gemäß Koalitionsvertrag vorgesehenen 61 Leistungsgruppen die Fallzuordnung, die Qualitätskriterien und das Prüfkonzept des Medizinischen Dienstes Bund aufeinander abgestimmt und wo nötig angepasst werden. Das KHVVG sieht vor, dass die Bundesländer allen Kliniken Leistungsgruppen zuweisen, ab 2027 sollen die neuen Krankenhauspläne stehen. Zu dieser Thematik war auch die DGfN bereits im Austausch mit dem Gesundheitsministerium, dem InEK und dem Leistungsgruppenausschuss, zumal die Leitungsgruppe „Komplexe Nephrologie“ derzeit noch nicht als geeignet ausgestaltet erscheint. Der Ärztetag fordert nun eine Korrektur der Leistungsgruppensystematik [6]. Die derzeit vorgesehenen Regelungen zur Vorhaltevergütung seien hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf das Leistungsgeschehen kaum abschätzbar, erzeugten erheblichen bürokratischen Aufwand und verfehlten das Ziel einer fallzahlunabhängigen Vergütung, so die Delegierten. Die Fallzuordnung zu den Leistungsgruppen müsse überprüft und schnellstmöglich eine sachgerechte Lösung gefunden werden. In vielen Fällen gebe es häufig keine eindeutige Zuordnung - wie aktuell bei der Leistungsgruppe „Komplexe Nephrologie“. Für eine grundlegenden Überarbeitung soll nun gemeinsam mit den sachkundigen Akteuren der Versorgung, einschließlich der Bundesärztekammer ein stimmiges Konzept entwickelt werden [7]. In weiteren Anträgen wurde der Gesetzgeber aufgefordert, den Leistungsgruppen-Grouper des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) in der derzeitigen Form nicht zur Umsetzung der Krankenhausreform in Deutschland zuzulassen. Er sei nicht nur ungeeignet, sondern könne auch zu nicht überschaubaren und damit unverantwortlichen Verwerfungen für eine bedarfs- und qualitätsorientierte Krankenhausplanung sowie eine stabile Vorhaltefinanzierung führen. Die DGfN wird sich über die BÄK in diesen Prozess einbringen.

Personalbemessung – ÄPS-Tool der BÄK

Die Bundesärztekammer hatte bereits seit längerem darauf hingewiesen, dass eine sinnvolle und aussagefähige Erfassung und Abbildung des ärztlichen Personalbedarfs erforderlich sind, um den Krankenhäusern die im KHVVG geforderte Vorhaltung einer „bedarfsgerechten ärztliche Personalausstattung“ zu ermöglichen. Die BÄK hat daher in den vergangenen Jahren ein fachübergreifendes Instrument entwickelt, das als Grundlage für die Personalplanung dienen und im Diskurs mit nichtärztlichen Entscheidungsträgern unterstützen soll [8]. Dabei sollen nicht nur die Tätigkeiten der direkten Patientenversorgung über Prozeduren abgebildet werden, sondern auch die weiteren ärztlichen Aufgaben und Pflichten wie gesetzliche und regulative Beauftragungen, Qualitätssicherung, Führungsaufgaben, Tätigkeiten im Rahmen von Weiterbildung, Fortbildung und Ausbildung, Vernetzung und Kooperation, Administration, Organisation und Dokumentation sowie ärztliche Tätigkeiten im Rahmen der Versorgung besonderer versorgungsaufwändiger Patientengruppen. Auch die Versorgung von Teilstationären Patienten ist abbildbar – dies war auch aus nephrologischen Kliniken schon gefordert worden. Gängige Tarifverträge sind in Drop-down-Menüs hinterlegt; der Ausbildungsstand junger Kolleginnen und Kollegen wird über einen Faktor berücksichtigt. Über Minutenwerte soll eine Abrechnung in Vollzeitäquivalente ermöglicht werden. Das System war seit 2018 in Absprache mit verschiedenen Kliniken entwickelt und seit 2023 getestet worden [9]. Die DGfN bringt sich unter Federführung des VLKN bereits seit 2024 in den Evaluationsprozess diese Personalbemessungstools ein, damit spezifisch nephrologische Bedarfe berücksichtigt werden.

Berücksichtigung und Finanzierung der ärztlichen Weiterbildung

Auch die ärztliche Weiterbildung im Zuge der Krankenhausreform wurde thematisiert. Die Krankenhausreform dürfe gemäß dem DÄT die ärztliche Weiterbildung nicht gefährden, sondern müsse sie im Gegenteil sektorenübergreifend stärken [10]. Bei Auswahlentscheidungen im Rahmen der Zuteilung von Leistungsgruppen sollen gemäß DÄT diejenigen Krankenhäuser bevorzugt werden, die sich an regionalen, standort- und sektorenübergreifenden Weiterbildungsverbünden beteiligen, die von den zuständigen Landesärztekammern anerkannt sind. Rechtliche Hürden für die erfolgreiche Umsetzung von Weiterbildungsverbünden, z. B. durch Regelungen zur Arbeitnehmerüberlassung, fordert der DÄT abzubauen [11].

Die im Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) und in der Krankenhaustransformationsfonds-Verordnung (KHTFV) enthaltenen ersten Ansätze zur finanziellen Förderung der ärztlichen Weiterbildung müssen umgesetzt und zu einer umfassenden Finanzierung der Weiterbildung im stationären wie ambulanten Bereich weiterentwickelt werden. Zudem hat der DÄT die Bundesländer bei der Umsetzung der Reform aufgefordert, künftig eine „qualitativ hochwertige und sozial verträgliche Weiterbildung“ zu sichern. Im Bedarfsfall müssten sie konkretisierende Vorgaben zu Weiterbildungs- und Mitwirkungspflichten in ihren Krankenhausgesetzen treffen. Dies sei insbesondere angesichts einer Konzentration und Reduzierung von Krankenhausstandorten erforderlich. Weiter brauche es eine sachgerechte Finanzierung der mit der ärztlichen Weiterbildung verbundenen Mehrkosten, fordert der Ärztetag. Die dafür erforderlichen Konzepte zur Bemessung der finanziellen Mehrbelastungen aus der Weiterbildung müssten zeitnah durch das InEK erstellt und auf dieser Grundlage Vergütungssystematiken definiert werden, die die realen Kosten der Weiterbildung abbilden. [12]

Keine Fortbildungspunkte für Leitlinienarbeit

Ein Antrag sah vor, für die Mitarbeit an der Erstellung von medizinischen Leitlinien die Anerkennung von Fortbildungspunkten zu ermöglichen und dafür unter Einbezug der Ständigen Konferenz "Ärztliche Fortbildung" ein Konzept zu erarbeiten; hierzu wurde kein Beschluss gefasst; der Antrag wurde an den Vorstand der BÄK überwiesen.

Transplantation – erneuter Ruf nach Reform

Auch der Antrag zur Reform der Lebendorganspende wurde an den Vorstand überwiesen. Die elf Delegierten aus der Ärztekammer Bayerns hatten beantragt, den Gesetzentwurf aus der vergangenen Legislaturperiode wieder aufzugreifen, um mehr Organspenden möglich zu machen. Zur Begründung wurde angeführt, dass die Situation für die Nierentransplantation besorgniserregend sei: es wurde auf lange Wartezeiten verwiesen, während die Widerspruchslösung auf sich warten lasse. Verwiesen wurde auch auf den in der letzten Legislatur nicht mehr umgesetzten Gesetzesentwurf. Dieser Gesetzentwurf sieht eine Ausweitung des bislang erforderlichen engen persönliche Näheverhältnis zwischen Spender und Empfänger zugunsten von Cross-Over-Spenden vor. Auch anonyme Nieren-Lebendspenden sollen ermöglicht werden, etwa im Rahmen eines nationalen Vermittlungspools, der kompatible Spender-Empfänger-Kombinationen zentral zusammenführt.

Abgelehnte Anträge

Eine klare Ablehnung gab es lediglich für zwölf Anträge. Für die Nephrologie interessant ist die Ablehnung des Antrags, der im Rahmen der aktuell laufenden Anpassung der (Muster-) Weiterbildungsordnung (MWBO) vorsah, für alle fachärztlichen Weiterbildungen eine mindestens 12-monatigen Weiterbildungszeit im ambulanten Bereich verpflichtend festzuschreiben.

Die Delegierten votierten gegen drei verschiedene Anträge zur Modifikation oder Ablehnung der elektronischen Patientenakte (ePA), bzw. gegen ein ePA-Moratorium. Auch zwei der zahlreichen Anträge zum Umgang mit KI in der Medizin wurden abgelehnt. Bei aller Offenheit für das Thema ging den Delegierten eine Deklaration, dass Behandlungsmethoden mittels KI im Rahmen der Therapiefreiheit zu sehen seien, offenbar doch zu weit. Auch die Forderung an die medizinischen Fachgesellschaften und Universitäten, ein wissenschaftstheoretisches Konzept vorzulegen, wie KI mit Wissenschaft vereinbar sein kann, wurde von der Mehrheit der Delegierten nicht unterstützt.

Aus dem Themenkreis des Schwangerschaftsabbruchs wurden nach emotionalen Diskussionen diverse Anträge positiv beschieden – insbesondere gab es ein klares Votum für die Entkriminalisierung des Abbruchs; lediglich die Stärkung der Information und Aufklärung über wirksame und regelhafte Kontrazeption und die Erleichterung des Zugangs zu Kontrazeptiva wurde nicht ergänzend aufgenommen.

  1. https://www.aerztezeitung.de/Wirtschaft/Deutscher-Aerztetag-spricht-sich-klar-fuer-die-GOAeneu-aus-458693.html
  2. https://praxistipps.focus.de/neue-gebuehrenordnung-fuer-aerzte-das-wird-die-neue-goae-fuer-patienten-bedeuten_187901
  3. https://www.medical-tribune.de/praxis-und-wirtschaft/abrechnung/artikel/goae-reform-was-zeichnet-sich-ab
  4. https://abrechnungsstelle.com/goae-novellierung/
  5. https://www.aerzteblatt.de/news/krankenhausreform-weiterentwickeln-und-weiterbildung-mitdenken-ff86a636-59a4-423c-b0b1-70ad38fd067d
  6. https://www.bundesaerztekammer.de/presse/aktuelles/detail/krankenhausreform-praxistauglich-weiterentwickeln#:~:text=Deutsche%20%C3%84rztetag%20hat%20die%20Pl%C3%A4ne%20der%20neuen,Bundesregierung%20begr%C3%BC%C3%9Ft%2C%20die%20Krankenhausreform%20fortzuf%C3%BChren%20und%20zugleich%20weiterzuentwickeln.
  7. https://www.presseportal.de/pm/9062/6045789
  8. https://www.bundesaerztekammer.de/themen/aerzte/aeps-baek
  9. https://www.aerzteblatt.de/archiv/system-der-bundesaerztekammer-aerztliche-personalbemessung-einsatzbereit-57a0458d-8480-4c87-ae3c-6f1392e2f785
  10. https://www.bundesaerztekammer.de/presse/aktuelles/detail/krankenhausreform-praxistauglich-weiterentwickeln#:~:text=Deutsche%20%C3%84rztetag%20hat%20die%20Pl%C3%A4ne%20der%20neuen,Bundesregierung%20begr%C3%BC%C3%9Ft%2C%20die%20Krankenhausreform%20fortzuf%C3%BChren%20und%20zugleich%20weiterzuentwickeln.
  11. https://www.presseportal.de/pm/9062/6045789
  12. https://www.aerzteblatt.de/news/krankenhausreform-weiterentwickeln-und-weiterbildung-mitdenken-ff86a636-59a4-423c-b0b1-70ad38fd067d

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