Empfehlung zu Impfmaßnahmen gegen SARS-CoV-2 und Influenza für Patienten mit chronischen Nierenkrankheiten

: Besonders gefährdet sind Menschen mit Komorbidität bzw. Bedingungen, in denen die Immunabwehr geschwächt ist. Es bleibt daher wichtig, besonders bei Menschen mit chronischen Nierenkrankheiten einen Impfschutz aufrecht zu erhalten.

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Hintergrund

Mit dem Rückgang der Inzidenz hat die WHO im Mai 2023 die SARS-CoV-2-Pandemie für beendet erklärt. Das Virus bleibt weltweit endemisch und kann weiterhin schwere respiratorische Infektionen verursachen. Besonders gefährdet sind Menschen mit Komorbidität bzw. Bedingungen, in denen die Immunabwehr geschwächt ist. Es bleibt daher wichtig, besonders bei Menschen mit chronischen Nierenkrankheiten einen Impfschutz aufrecht zu erhalten. Neben SARS-CoV-2 gehen von der saisonalen Influenza erhebliche Morbiditäts- und Mortalitätsrisiken aus, die durch Impfmaßnahmen günstig beeinflusst werden können.

Impfempfehlungen müssen regelmäßig vor dem sich wandelnden epidemiologischen Hintergrund sowie unter Berücksichtigung der verfügbaren Impfstoffe neu bewertet werden. Die grundsätzliche Bewertung erfolgt stets durch die Ständige Impfkommission beim Robert-Koch-Institut (STIKO), deren Empfehlungen in Hinblick auf bestimmte Patientenkonstellationen jedoch einer Interpretation bedürfen.

SARS-CoV-2

Bezug: STIKO-Veröffentlichung 25. Mai 2023 [1]

Patientinnen und Patienten mit CKD 3-5 inkl. dialysepflichtige Patienten

  • Alle Patientinnen und Patienten sollten eine Grundimmunisierung erhalten (=drei immunisierende Ereignisse, Impfungen oder ggf. Infektionen).
  • Jeweils ab 12 Monate nach letztem immunisierenden Ereignis sollte eine Boosterimpfung erfolgen.
  • Eine Boosterung wird bevorzugt vor dem Herbst (Ende Sept./Anfang Okt.) empfohlen, ggf. kann sie vorgezogen werden, wenn das letzte Ereignis > 10 Monate zurückliegt.
  • Routinemäßige Impfserologien werden nicht empfohlen.

Patientinnen und Patienten mit therapeutischer Immunsuppression, inkl. nach Nierentransplantation

  • Alle Patientinnen und Patienten sollten eine Grundimmunisierung erhalten (=drei immunisierende Ereignisse, Impfungen oder ggf. Infektionen).
  • Impfserologische Untersuchungen ab 4 Wochen nach drittem immunisierendem Ereignis sind sinnvoll, um Nonresponder zu identifizieren. Sie sollen nicht verwendet werden, um anhand eines Grenztiters die Boosterung zu steuern.
  • Bei Nonrespondern kann als Einzelfallentscheidung unter Abwägung des individuellen Infektionsrisikos eine frühzeitige (ab 4 Wochen nach letztem Antigenkontakt) weitere Impfung, ggf. unter Verwendung eines auf einer anderen Technologie beruhenden Impfstoffs oder auch mit erhöhter Impfstoffdosierung (off label!), erwogen werden.
  • Jeweils 12 Monate nach letztem immunisierenden Ereignis sollte eine Boosterimpfung erfolgen.
  • Eine Boosterung wird bevorzugt vor dem Herbst (Ende Sept./Anfang Okt.) empfohlen, ggf. kann sie vorgezogen werden, wenn das letzte Ereignis > 10 Monate zurückliegt.
  • Familienangehörige und enge Kontaktpersonen sollten ebenfalls eine Grundimmunisierung sowie Auffrischimpfungen nach jeweils 12 Monaten erhalten.

 Personal in Dialyseeinrichtungen

  • Auch das Personal sollte mindestens über eine Grundimmunisierung aus drei immunisierenden Ereignissen verfügen.
  • Eine Boosterung ist jeweils 12 Monate nach dem letzten immunisierenden Ereignis empfohlen.

Impfstoff

  • Derzeit wird keine Empfehlung gegeben, bestimmte Impfstoffpräparate unter den von der STIKO empfohlenen Präparaten vorzuziehen. Dies gilt auch für neue Impfstoffe gegen rezentere Virenstämme.

Influenza

Bezug: STIKO-Empfehlung Jan. 2023 [2]

Alle Patientinnen und Patienten mit CKD 3-5 inkl. dialysepflichtige Patientinnen und Patienten, Patientinnen und Patienten unter Immunsuppression oder nach Nierentransplantation

  • Es sollte eine jährliche Impfung mit einem quadrivalenten Impfstoff durchgeführt werden.
  • Der Hochdosisimpfstoff (4x60µg) könnte gegenüber den Standardimpfstoffen leichte Vorteile haben und kann bei Patienten mit zusätzlichen Risikofaktoren wie bspw. Lungengerüsterkrankungen erwogen werden (bei Patienten <60 J. off label!).
  • Der optimale Impfzeitpunkt liegt zwischen Mitte November und Jahresende.
  • Eine gleichzeitige Applikation mit einem SARS-CoV-2-Impfstoff ist grundsätzlich möglich, wird aufgrund der unterschiedlichen optimalen Impfzeitpunkte jedoch nicht generell empfohlen.

Personal in Dialyseeinrichtungen

  • Das Personal in Dialyseeinrichtungen sollte zum Eigen- und Patientenschutz jährlich eine Influenza-Impfung mit einem Standardimpfstoff (derzeit quadrivalent in Standarddosierung) erhalten.

Erläuterungen

SARS-CoV-2

Eine Grundimmunisierung gegen SARS-CoV-2 wird von der STIKO für alle Personen ≥ 18 Jahre empfohlen. Da bereits eine breite Durchimmunisierung der Bevölkerung erreicht ist, sollten Immunisierungslücken durch zusätzliche Impfungen geschlossen werden. Eine optimale Immunisierung wird nach Einschätzung der STIKO erreicht, indem mindestens 2 der 3 Antigenkontakte durch Impfungen erzielt werden.

Die STIKO hat sich in der Empfehlung vom 25. Mai 2023 zu weiteren Auffrischimpfungen gegen SARS-CoV-2 positioniert. Diese werden für die gesunde Allgemeinbevölkerung < 60 Jahre nicht empfohlen. Ab dem 60. Lebensjahr, bei besonderer berufsbedingter Exposition und bei allen Personen mit Erkrankungen, die für schwere COVID-19-Erkrankungen prädestinieren, sollten weitere Auffrischimpfungen erfolgen. Das Intervall zum letzten immunisierenden Ereignis soll gemäß STIKO Empfehlung mindestens 12 Monate betragen. Es wird darauf hingewiesen, dass eine Nachimpfung im Herbst vorzuziehen ist.

Die Kommission Hygiene und Infektionsprävention der DGfN weicht mit ihrer Empfehlung zur Nachimpfung etwas von der STIKO-Empfehlung ab. Die bisherigen Erfahrungen mit SARS-CoV-2 weisen auf eine Saisonalität der Infektionen mit Schwerpunkt im Herbst und Winter hin. Patienten mit chronischen Nierenkrankheiten erreichen nach Impfung geringere Antikörpertiter und damit potentiell einen kürzeren serologischen Schutz gegen das Virus. Deutlich geringere Antikörpertiter erreichen Patienten unter therapeutischer Immunsuppression sowie nach Nierentransplantation (Stumpf et al. 2021). Es erscheint daher sinnvoll, diese Patientengruppen eher frühzeitig nachzuimpfen. Daher wird angeregt, im Einzelfall bereits bis zu 2 Monate vor dem von der STIKO empfohlenen Termin eine erneute Impfung durchzuführen, sofern dies aufgrund der Saisonalität (Herbst!) naheliegt.

Die STIKO empfiehlt NICHT, den Impferfolg gegen SARS-CoV-2 regelmäßig durch serologische Kontrollen der Antikörper gegen das Virus zu überwachen. Hintergrund ist die Tatsache, dass die angebotenen Antikörperassays nicht standardisiert sind und kein Grenztiter für einen sicheren Impfschutz benannt werden kann. Somit ist es nicht möglich, Grenzwerte anzugeben, unterhalb derer eine Boosterimpfung sinnvoll ist.

Serologische Kontrollen erscheinen nur zu dem Zweck sinnvoll, Nonresponder nach Immunisierung (negatives Ergebnis des Antikörpertests) zu identifizieren. Eine rationale Anwendung kann daher nur bei Personen empfohlen werden, die ein hohes Risiko für Nonresponse haben (Immunsuppression, Transplantation).

Influenza

Die Impfempfehlungen entsprechen den Vorgaben der STIKO. Danach sollen Menschen mit immunkompromittierenden Grundkrankheiten, beruflichem Expositionsrisiko sowie Personen ≥ 60 Jahre gegen Influenza geimpft werden. Der Hochdosisimpfstoff (4x60µg statt 4x15µg) ist unabhängig von Grundkrankheiten erst ab dem 60. Lebensjahr zugelassen. Bisher gibt es nur sehr wenig Evidenz dafür, dass die Hochdosisimpfstoffe bei Nierenkranken Vorteile bieten (Miskulin et al. 2018). Bei etwas höheren Nebenwirkungsraten scheint das Sicherheitsprofil jedoch gut zu sein (Layton et al. 2020).

Quellen

  • Layton, J. Bradley; McGrath, Leah J.; Sahrmann, John M.; Ma, Yinjiao; Dharnidharka, Vikas R.; O'Neil, Caroline et al. (2020): Comparative safety of high-dose versus standard-dose influenza vaccination in patients with end-stage renal disease. In: Vaccine 38 (33), S. 5178–5186. DOI: 10.1016/j.vaccine.2020.06.020.
  • Miskulin, Dana C.; Weiner, Daniel E.; Tighiouart, Hocine; Lacson, Eduardo K.; Meyer, Klemens B.; Dad, Taimur; Manley, Harold J. (2018): High-Dose Seasonal Influenza Vaccine in Patients Undergoing Dialysis. In: Clinical journal of the American Society of Nephrology : CJASN 13 (11), S. 1703–1711. DOI: 10.2215/CJN.03390318.
  • Stumpf, Julian; Siepmann, Torsten; Lindner, Tom; Karger, Claudia; Schwöbel, Jörg; Anders, Leona et al. (2021): Humoral and cellular immunity to SARS-CoV-2 vaccination in renal transplant versus dialysis patients: A prospective, multicenter observational study using mRNA-1273 or BNT162b2 mRNA vaccine. In: The Lancet regional health. Europe 9, S. 100178. DOI: 10.1016/j.lanepe.2021.100178.

Kommission für Hygiene und Infektionsprävention der DGfN, Stand 19.09.2023

[1] Mitteilung der Ständigen Impfkommission beim Robert Koch-Institut: Implementierung der COVID-19-Impfung in die allgemeinen Empfehlungen der STIKO 2023; Epid Bull 21/2023 vom 25.05.2023

[2] Empfehlungen der Ständigen Impfkommission beim Robert Koch-Institut 2023; Epid Bull 04/2023 vom 26.01.2023

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