Nachruf Prof. Dr. Armin Distler

: Die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie trauert um Prof. Dr. Armin Distler.

Einen „klassischen“ Nachruf hätte er nie gewollt.

Armin Distler starb am 15.2.2025 und wurde 90 Jahre. Seinen so abrahamitischen 90. Geburtstag konnten wir alle nicht mehr mit ihm feiern, so sehr war er getroffen von einer jahrelangen Erkrankung.

Feiern war ohnehin nicht die Stärke dieses so sensiblen, kultivierten und erfolgreichen Universitätsprofessors für Nephrologie.

Er war Hypertensiologe, vielleicht einer der letzten, aber sicher einer der größten. Und er war Vorbild, Mentor, Förderer einer Unzahl von ihrerseits wieder erfolgreichen Forschern und Klinikern.

Doch beginnen wir am Anfang: Armin Distler wurde wie sein Vorbild in Geburtsort und Initialen Albrecht Dürer in Nürnberg geboren (1935) und studierte Medizin bis 1960 in Erlangen, München und Heidelberg. In seiner Medizinalassistentenzeit lernte er die Pfalz kennen (Landeck bei Klingenmünster, Annweiler) und machte einen Ausflug in die Psychiatrie, die ihm aber doch nicht rational genug war, aber doch für seine Promotion gut genug. Auch seine Dissertationsarbeit „Testpsychologische Untersuchungen mit Persantin“ konnte ihn nicht länger an diese Richtung der Medizin binden.

Seine Entscheidung, zu HP Wolff nach Homburg/Saar zu wechseln, war gut nachvollziehbar, denn Wolff war ein hoch gebildeter und charismatisch wirkender Ordinarius, dem er später auch nach Mainz folgte. Wolff veranlasste für ihn eine zweijährige wissenschaftliche Grundausbildung als DFG-Stipendiat bei dem Physiologen Robert Stämpfli in Homburg. 1965 beschrieb Armin Distler gemeinsam mit Hartmut Liebau die Wirkung von Angiotensin auf den peripheren Sympathikus, Interaktionen, auf die er später häufig zurückkam - diese Arbeit konnte prominent in Nature publiziert werden.

Zurück in die klinische Ausbildung bei Wolff zunächst in Homburg, dann seit 1968 in Mainz, stand der Primäre Aldosteronismus (PA) – ein Krankheitsbild, indem das von ihm so favorisierte Renin- und Angiotensinsystem völlig unterdrückt war. Die Pathogenese der Hypertonieentwicklung bei PA, die Differenzierung zwischen Conn-Adenomen und bilateraler Hyperplasie, die Abgrenzung zur low-reninhypertension waren die ersten großen klinischwissenschaftlichen Themen.

Die Reaktivität des Gefäßsystems gegenüber anderen pressorischen Substanzen als „neuer“ Determinante der Blutdruckregulation war sein Habilitationsthema, das er an seine ersten Schüler weitergab. Publikationen im Am. J. Med., Br. J. Med. und Lancet zeigten die internationale Beachtung seiner Ideen und Forschungen.

Die für Hypertensiologen „goldenen“ 70er und 80er Jahre waren geprägt durch die Einführung effektiver antihypertensiver Pharmaka: Diuretika, Beta-Blocker, Calciumantagonisten, die ersten ACE-Hemmer, aber auch fast wieder vergessene Substanzen wie Guanfacin standen im Zentrum seines Interesses mit Untersuchungen zu klinischer Wirksamkeit und zur Pharmokokinetik. Er führte die Hypertonie und die klinische Pharmakologie mit unter das Dach der Nephrologie.

Nach seiner Berufung auf den Lehrstuhl für Innere Medizin, Nephrologie und Intensivmedizin des damaligen Klinikums Steglitz der FU Berlin (heute Benjamin-Franklin Klinikum der Charite) prägte er die Entwicklung vieler jungerÄrzte, die viele Jahre nicht nur die Nephrologie in Deutschland bestimmten. Forschungsschwerpunkte der Klinik wurden jetzt die Bedeutung des intracellulären Calciums und der Proteinkinase C, der Adrenozeptoren und der sog. Salzsensitivität in Verbindung mit der Genetik für die Hypertoniepathogenese, die Untersuchung endothelialer Ionenkanäle mittels patchclamp-Technik bei experimenteller Hypertonie und Untersuchungen zur Pathogenese und Prävention des akuten Nierenversagens sowie zu immunologischen Mechanismen der Transplantatabstoßung. Einen Forschungsschwerpunkt der von ihm geförderten rheumatologischen Arbeitsgruppe bildete die Untersuchung der T-Zellantwort bei rheumatoider und reaktiver Arthritis und bei Spondylarthritis.

Zu den klinischen und wissenschaftlichen Aufgaben kamen zwangsläufig leitende Funktionen in medizinischen Fachgesellschaften. Als Mitglied des Vorstands und späterer Vorsitzender (1984–87) sowie wiederholter Tagungspräsident wurde die Deutsche Hochdruckliga zumindest in der damaligen Zeit eine der führenden klinisch- und wissenschaftlichen Einrichtungen.

Als Vorsitzender der Gesellschaft für Nephrologie leitete er einen bemerkenswerten Kongress in Berlin 1995/96, aber zu diesen Funktionen, die er leise, aber durchaus sehr gut durchführte, musste man ihn jedes Mal überreden, er drängte sich nie in das Amt. Seit Juli 2000 war Armin Distler im Ruhestand und seit 2006 lebte er in München.

Mehr als 25 Kolleginnen und Kollegen haben sich unter seinen überaus kritischen Augen habilitiert und erzählen Anekdoten, wie ihr Chef ihre Arbeiten kritisiert und korrigiert hat. Armin war kein Hochschullehrer, der Lehrstühle mit Macht besetzt hätte, aber er hat uns alle auf den richtigen kritischen akademischen Weg gebracht, ohne den auch unsere Erfolge später gar nicht möglich gewesen wären. Schließlich sind fünf nephrologische Lehrstühle in Deutschland mit seinen Mitarbeitern besetzt worden.

Wir danken Armin auch für die feine kollegiale Art, mit der er die Klinik leitete, uns Freiheiten gab und es durchaus besonders würdigte, wenn wir – wie auch er – uns für kulturelle Themen interessierten. So ist eine Beschreibung Armin Distlers nicht möglich, ohne seine große Liebe für die Musik und speziell das Klavierspiel zu erwähnen. Er war etwas – wie man es heute selten findet – ein brillianter und bescheidener akademischer Feingeist und ein Freund.

Wir werden sein Andenken bewahren

Für so viele: Joachim Beige (Leipzig), Eva Brand (Münster), Jürgen Braun (Herne), Corinna Eisenhut (Berlin), Emanuel Fritschka (Bad Brückenau), Peter Gross (Dresden), Hermann Haller (Hannover), Joachim Hoyer (Marburg), Hans Keim (Darmstadt), Markus Ketteler (Stuttgart), Andreas Kribben (Essen), Ulrich Kunzendorf (Kiel), Hartmut Liebau (Hamburg), BorwinLueth (Hannover), Wolfgang Meyer-Sabellek (Berlin), Hans-Helmut Neumayer (Berlin), Gerd Offermann (Berlin), Thomas Philipp (Essen), Wolfgang Pommer (Berlin), Anke Schwarz (Hannover), Arya Sharma Alberta/Ca//Berlin), Joachim Sieper (Berlin), Karl Wagner (Hamburg), Gerd Walz (Freiburg), Stefan Willich (Berlin), Hartmut Zschiedrich (Bremen).

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