Terminales Nierenversagen
In Deutschland stehen Dialyse und Nierentransplantation unter Druck
Die paarigen, je 150 bis 200 g schweren Nieren scheiden Schadstoffe aus und regulieren den Salz-, Säure-Basen- und Wasserhaushalt. Darüber hinaus sind sie an der Regulation des Blutdrucks beteiligt und haben wichtige Funktionen im Hormonhaushalt. Viele verschiedene Ursachen wie Bluthochdruck und Diabetes, genetische und immunologische Erkrankungen sowie Medikamente können die Nieren jedoch so stark schädigen, dass sie ihre Funktion verlieren. Bei der sogenannten terminalen Nierenkrankheit sind die Nieren dann nicht mehr in der Lage, den Körper zu entgiften und andere Funktionen zu übernehmen. Ein lebensbedrohlicher Zustand, der unbehandelt innerhalb weniger Tage zum Tod führt.
Dialyse sollte keine Dauerlösung sein
„Die Dialyse ist eine lebensrettende und unverzichtbare Behandlung in der Medizin“, sagt Universitätsprofessor Dr. med. Bernhard Banas, Leiter der Abteilung für Nephrologie und des Universitären Transplantationszentrums am Universitätsklinikum Regensburg. „Aber sie kann nicht alle Funktionen einer Niere 24/7 ersetzen.“ Oft verschlechtert sich der Gesundheitszustand der Betroffenen über die Jahre deshalb schleichend. „Tatsächlich hat jeder Dialysepatient im Durchschnitt eine um mehr als 50 Prozent verkürzte Lebenserwartung im Vergleich zu einem gleichaltrigen Nierengesunden“, so Banas. „Auch haben Dialysezentren mit erheblichen Personalmängeln und einer existenzbedrohenden Unterfinanzierung zu kämpfen, was bereits zu ersten Schließungen geführt hat“, sagt er.
Eine späte Transplantation kostet viele Lebensjahre
Versagen die Nieren endgültig ihren Dienst, ist daher die möglichst frühzeitige Transplantation einer Spenderniere entscheidend, denn nur sie kann alle natürlichen Funktionen übernehmen – und das rund um die Uhr. „Eine späte Transplantation kostet den Patienten viele Lebensjahre“, betont der Transplantationsmediziner Banas.
Der tatsächliche Bedarf an Nierentransplantationen dürfte deutlich höher liegen
„Doch in Deutschland gibt es zu wenig Organspenden“, bedauert Banas, der gemeinsam mit Professor Dr. med. Clemens Cohen aus München Kongresspräsident 2024 der DGfN ist. So leben hierzulande nur rund 20.000 Menschen mit einer transplantierten Niere. „In anderen europäischen Ländern ist die Transplantationsrate deutlich höher“, kritisiert Banas mit Blick auf Deutschland. Nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) warteten Anfang 2024 hierzulande 6.513 Patienten auf eine Spenderniere (1). „Der tatsächliche Bedarf ist noch um ein Vielfaches höher, wir schätzen ihn auf 20.000 bis 30.000 Menschen“, sagt Banas.
DGfN fordert Systemwechsel für mehr Organspenden
„Deshalb unterstützt die DGfN klar die Initiativen von Bundesrat, Bundestagsabgeordneten und Bundespräsident sowie vieler Fachgesellschaften und Verbände zur Einführung der Widerspruchsregelung bei der Organspende“, bekräftigt auch Professor Dr. med. Julia Weinmann-Menke, Pressesprecherin der DGfN vom Universitätsklinikum Mainz. Dies gelte auch für den Gesetzentwurf der Bundesregierung, der Lebendorgantransplantationen ausweiten und die Überkreuzlebendspende auch in Deutschland ermöglichen soll (2).
Ein Deutsches Zentrum für Nierengesundheit soll die Prävention und Behandlung von Nierenerkrankungen verbessern
„Wir müssen nicht nur den Zugang zur Nierentransplantation verbessern, sondern auch dafür sorgen, dass möglichst wenige Menschen ihre Nierenfunktion vollständig verlieren“, betont DGfN-Generalsekretärin Dr. med. Nicole Helmbold. Hierzu gehört neben Prävention, Früherkennung und frühzeitiger Behandlung der chronischen Nierenkrankheit die Förderung weiterer Forschung, insbesondere auch der translationalen Forschung. „Dies wäre die originäre Aufgabe eines Deutschen Zentrums für Nierengesundheit (DZGN), für dessen Gründung wir uns ebenfalls einsetzen.“ „Erklärtes Ziel der DGfN ist es, dass künftig weniger Menschen dialysiert oder transplantiert werden müssen“, fasst DGfN-Kongresspräsident Banas zusammen.
Neue Erkenntnisse zur Entstehung und Behandlung von Nierenerkrankungen sowie Weiterentwicklungen von Nierenersatztherapien, etwa neue mobile Dialysegeräte, aber auch aktuelle Initiativen zur Förderung von Organspende und -transplantation, und was Nierenärztinnen und -ärzte heute schon tun können, damit Betroffene ihre Nierenfunktion nicht mehr vollständig verlieren, sind weitere Themen auf der 16. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie sowie der auf dem Kongress hybrid durchgeführten Pressekonferenz am Freitag, 27. September 2024 von 11:45 bis 13:00 Uhr.
Interessenkonflikte:
Professor Banas hat keine Interessenkonflikte angegeben.
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