Konsequenz aus dem 10-Punkte-Plan der DGfN – das „NIEREN-Navi“, das neue Informationsportal der DGfN zur Nierenersatztherapie

: Heimdialyseverfahren sind in Deutschland unterrepräsentiert. Die im Rahmen des Innovationsfonds geförderte MAU-PD-Studie identifizierte Faktoren für den geringen Anteil der Heimverfahren. Die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie zog Konsequenzen und entwickelte einen 10-Punkte-Plan zur Stärkung der Heimdialyse und Nierentransplantation. Punkt 1 beinhaltete eine umfassende Aufklärung über alle Nierenersatzverfahren. Die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) hat zu ihrem Jahreskongress nun das Portal www.nieren-navi.de gelauncht.

Die „Multidimensionale Analyse der Ursachen für die niedrige Prävalenz der ambulanten Peritonealdialyse in Deutschland“ (MAU-PD) hatte gezeigt, dass in Deutschland die Bauchfelldialyse im internationalen Vergleich stark unterrepräsentiert ist [1]. So wird die Bauchfelldialyse nur von 5,4% der Betroffenen durchgeführt, während ihr Anteil z. B. in Hong Kong 79,4% und in Schweden 23,8% beträgt. Ziel der im Rahmen des Innovationsfonds geförderten MAU-PD-Studie war es, Faktoren zu identifizieren, die für die in Deutschland im internationalen Vergleich niedrige PD-Rate ursächlich sind. Im Ergebnis wurden folgende Faktoren beschrieben [1]:

  • Mangelnde Information der Patientinnen und Patienten: 41% waren nicht informiert, dass es verschiedene Dialyseverfahren gibt, 50% wussten nicht, ob ihr Nierenzentrum auch PD oder Heim-Hämodialyse anbietet.
  • Strukturelle Defizite: 30% der Zentren haben keine PD-Pflegekraft und es gibt in einem Nierenzentrum für durchschnittlich 140 Patientinnen und Patienten im Durchschnitt 4,6 Ärztinnen und Ärzte, von denen 44% zusätzlich im Krankenhaus tätig sind.
  • Aus- und Weiterbildung: 61% der befragten Ärztinnen und Ärzte hätten sich mehr PD-Inhalte in der Facharztausbildung gewünscht.
  • Wirtschaftliche Barrieren: Es bedarf 10,5 PD-Patientinnen/PD-Patienten, bevor das Verfahren für ein Dialysezentrum wirtschaftlich ist.

Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse hat die DGfN im letzten Jahr einen 10-Punkte-Plan ausgearbeitet, dessen Ziel es ist, die Heimdialyseverfahren zu stärken. „Die DGfN möchte, wie auch der G-BA, die Heimdialyse und die Nierentransplantation in Deutschland unter Berücksichtigung des individuellen Patientenwohls fördern“, erklärte DGfN-Präsident Prof. Dr. Hermann Pavenstädt, Münster.

Eine wesentliche im 10-Punkte-Plan verankerte Aufgabe, die sich die Fachgesellschaft gestellt hatte, war, eine in einfacher Sprache formulierte Aufklärung über sämtliche Verfahren der Nierenersatztherapie zu erstellen. Die Nierenersatztherapie umfasst nicht nur die Dialyseverfahren, sondern auch die Nierentransplantation und die konservative Therapie. Letztere kommt dann zur Anwendung, wenn die Patientin/der Patient keine Dialyse wünscht und auch keine Aussicht auf eine Transplantation hat.

„Bislang fehlte eine solche, alle Nierenersatztherapien abdeckende und objektive Aufklärung. Wir haben nun das NIEREN-Navi (www.nieren-navi.de) erstellt, ein Onlineportal, das Menschen, die in der Situation sind, sich für ein Verfahren entscheiden zu müssen, alle notwendigen Informationen für eine informierte Entscheidung an die Hand gibt“, so der DGfN-Präsident. „Neu ist, dass die konservative Therapie als Option nicht außer Acht gelassen wurde. Wir denken, es gehört zu einer umfassenden und neutralen Aufklärung, alle Optionen zu beleuchten.“

Die verschiedenen Verfahren werden erklärt – und auch gezeigt. Patientinnen und Patienten berichten in Filmbeiträgen, warum sie sich für ein Verfahren entschieden haben. Damit werden die Vorteile jedes Verfahrens dargestellt, aber auch die Limitationen. „Das Material wurde unter Mitarbeit verschiedener Kommissionen der DGfN erstellt und entspricht medizinisch dem neuesten Stand. Besonders dankbar sind wir, dass der Bundesverband Niere e.V. (BN e.V.) aktiv an den Texten mitgearbeitet hat. Er hat viele inhaltlichen Inputs aus Patientensicht gegeben, aber auch darauf geachtet, dass die Informationen für Laien verständlich sind. Für diese Unterstützung möchten wir dem BN e.V. herzlich danken“, erklärt Prof. Pavenstädt.

Behandelnde Ärztinnen und Ärzte sowie patientenberatende Organisationen sollten ihre Patientinnen und Patienten auf die frei zugänglichen Informations- und Beratungsmöglichkeiten hinweisen. „Natürlich informieren wir unsere ärztlichen Mitglieder breit und hoffen, dass auch die Patientinnen und Patienten durch den Bundesverband Niere auf das Informationsangebot hingewiesen werden. Zusätzlich möchten wir alle Medienvertreter herzlich bitten, das Portal bekannt zu machen: Es hilft Patientinnen und Patienten, eine informierte Entscheidung (Stichwort: informed consent) über ihren Behandlungsweg treffen zu können.“

Die übrigen neun Punkte des 10-Punkte-Plans werden und wurden gleichermaßen bearbeitet, doch sei die DGfN dabei auf Mitarbeit der Politik und Standespolitik angewiesen. „Für die Schaffung eines ‚Disease Management Programms Niere‘ oder eines Dialyseregisters brauchen wir eine breite Unterstützung seitens Politik und Öffentlichkeit – und haben gemerkt: Die Mühlen mahlen nur langsam. Dennoch bleiben wir am Ball und hoffen, auch hier bald Erfolge erzielen zu können.“

Literatur

[1] http://www.maupd.uni-koeln.de/wp-content/uploads/2020/03/MAUPDErgebnisflyerDruckhelden.pdf

 

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