Nierenkrankheiten bei Frauen: Besonderheiten und Risiken
Nierenkrankheiten sind ein in der Bevölkerung häufig unterschätztes Leiden. Weltweit ist etwa jeder zehnte – zumindest in einem Frühstadium – betroffen, darunter 195 Millionen Frauen. Hauptursachen sind Diabetes mellitus, Bluthochdruck und Autoimmunerkrankungen. Statistisch gesehen entwickeln Frauen häufiger eine chronische Nierenkrankheit als Männer. „Dies liegt insbesondere an der höheren Lebenserwartung der Frauen – mit zunehmenden Alter nimmt die Leistung der Nieren ab“, erklärt Professor Dr. Sylvia Stracke, Nephrologin und Leiterin der Kommission Frau und Niere bei der DGfN. Allerdings schreite die Nierenkrankheit bei Frauen langsamer voran als bei Männern und so gebe es auch weniger dialysepflichtige Frauen als Männer. Als Grund weist die Nephrologin neben der langsameren Progression auf psychosoziale Faktoren hin: So leben ältere Frauen häufiger allein und ihnen fehle die Unterstützung nahestehender Personen. Dies führe zu einem späten Dialysebeginn oder könne sogar dazu führen, dass sich Patientinnen bewusst gegen eine lebenserhaltende Dialysebehandlung entscheiden. Auch bei jungen Frauen kann eine Nierenkrankheit auftreten, die insbesondere im Falle einer Schwangerschaft zu Komplikationen führen kann. Denn zwischen einer Schwangerschaft und der Nierenfunktion bestehen komplexe Wechselwirkungen: Zum einen kann sich bei Frauen mit einer bereits bestehenden Nierenkrankheit die Nierenfunktionsstörung während der Schwangerschaft weiter verschlechtern, zum anderen kann sich im Laufe der Schwangerschaft eine Nierenkrankheit erstmalig manifestieren.
Mit dem Schweregrad der Nierenfunktionseinschränkung steigt die Wahrscheinlichkeit der Unfruchtbarkeit und eines ungünstigen Schwangerschaftsverlaufes. So haben Frauen mit einer fortgeschrittenen chronischen Nierenkrankheit ein erhöhtes Risiko für Frühgeburten; als Schwangerschaftskomplikation tritt häufig ein zu hoher Blutdruck auf, der sowohl für die Schwangere selbst als auch für das ungeborene Kind gefährlich werden kann. Schwangere mit einer chronischen Nierenkrankheit müssen deshalb intensiv durch ein fachübergreifendes Team, bestehend aus Ärztinnen und Ärzten der Fachbereiche Gynäkologie und Nephrologie, betreut werden. „Es handelt sich um Risikoschwangerschaften, die engmaschig kontrolliert werden müssen“, so Professor Stracke. Die Nierenfunktion muss bei diesen Patientinnen kontinuierlich überwacht werden, damit die vollständige Ausscheidung der Stoffwechselendprodukte gegeben ist. Bei schwangeren Dialysepatientinnen ist eine Intensivierung der Dialyse-behandlung notwendig, damit die hohen Harnstoffwerte der Mutter das Ungeborene nicht gefährden. Dialyse-Schwangerschaften seien jedoch sehr selten, da die Dialysebehandlung den Eisprung durch hormonelle Veränderungen stark beeinflusse und dieser meist ganz ausbleibe. Insgesamt gab es weltweit bisher wahrscheinlich weniger als tausend Fälle, bei denen eine Dialysepatientin ein Kind zur Welt brachte.
Eine dieser Patientinnen ist Tamara Basler aus Amberg (siehe hierzu Pressemitteilung „Dialyse und Schwangerschaft: Ein Beispiel, das Mut macht“).
Während in diesem Fall ein Nierenversagen wegen der Vorerkrankungen nicht zu verhindern war, kann bei einer frühzeitigen Diagnose einer Nierenfunktionsstörung und einer rechtzeitigen Behandlung in einer nephrologischen Praxis das Fortschreiten der Nierenkrankheit aufgehalten bzw. hinausgezögert werden.