Substanzklasse der SGLT-2-Inhibitoren kann Dialysepflichtigkeit bei Patienten mit chronischer Nierenkrankheit hinausschieben
Seit Jahrzehnten konnte neben der RAAS-Blockade keine Therapie Eingang in den klinischen Alltag finden, um die Progredienz der chronischen Nierenkrankheit aufzuhalten. Zwei am Wochenende publizierte Studien erhärteten nun die Evidenz, dass SGLT2-Inhibitoren effektiv das Fortschreiten einer Nierenerkrankung verlangsamen können – bei Diabetikern wie bei Nicht-Diabetikern.
SGLT-2-Hemmer sind selektive Hemmer des Natrium-Glukose-Cotransporters-2 (SGLT2; auch „Gliflozine“). Sie hemmen die Glukose-Rückresorption in den Nierentubuli, was zur verstärkten Ausscheidung von Glukose mit dem Urin führt; der Blutzuckerspiegel sinkt. Die Substanzen wurden als orale Antidiabetika entwickelt und man erhoffte sich durch den Einsatz, auch das hohe kardiovaskuläre Risiko von Diabetikern positiv beeinflussen zu können. Doch in Studien offenbarten SGLT2-Hemmer noch ein weiteres Potenzial: Die EMPA-REG OUTCOME- Studie hatte bereits vor fünf Jahren einen ersten Hinweis darauf gegeben, dass Empagliflozin das renale Outcome von Patienten mit Diabetes mellitus verbessern könnte. Damals ließ sich noch nicht abschätzen, ob es sich um einen Effekt der Substanzgruppen oder der Substanz handelte und ob auch CKD-Patienten, die keinen Diabetes mellitus haben, von der Therapie profitieren könnten.
Zum europäischen Kardiologiekongress wurden nun zwei große Phase-3-Studien veröffentlicht, die für die zukünftige Therapie der chronischen Nierenkrankheit (CKD) wegweisend sein könnten.
In der DAPA-CKD-Studie waren 4.304 Patienten (67,5% waren Diabetiker) randomisiert worden und hatten entweder Dapagliflozin oder ein Plazebo erhalten – jeweils zusätzlich zur bisherigen Therapie, z.B. mit RAAS-Inhibitoren. Der primäre Endpunkt war ein kombinierter, bestehend aus einer über 50%igen Abnahme der GFR, Erreichen der ESRD oder Tod (aufgrund renaler oder kardiovaskulärer Ursachen). Im Studienverlauf traten 197 Ereignisse in der Dapagliflozin-Gruppe und 312 Ereignisse in der Placebogruppe auf, der Unterschied war somit hochsignifikant. Der Therapienutzen war bei Patienten ohne Diabetes mellitus ebenso hoch wie bei Diabetikern. Diese Daten wurden auf dem ESC-Kongress am 30. August 2020 präsentiert [1]; zeitgleich erschien ein Paper in NDT, das Design und Ergebnisse zusammenfasst und die Studie vor dem Hintergrund der bisherigen Datenlage zur renalen Effekten der Therapie mit SGLT-2-Inhibitoren diskutiert [2].
Die EMPEROR-Reduced-Studie [3] hingegen wurde bereits einen Tag vorher im NEJM veröffentlicht. Sie schloss 3.730 Patienten mit Herzinsuffizienz ein, untersuchte die renalen Parameter allerdings nur im sekundären Endpunkt. Doch die Ergebnisse weisen auch in dieser Studie auf einen klaren Therapievorteil durch den SGLT2-Inhibitor hin: die jährliche Rate des Nierenfunktionsverlusts war in der Verumgruppe deutlich geringer als in der Placebogruppe (-0.55 vs. -2,28 ml/min/1,73 m2, p<0,001).
„Diese aktuellen Studienergebnisse sprechen dafür, SGLT2-Inhibitoren in die Standardtherapie von CKD-Patienten zu implementieren, um die Progression zu verlangsamen und das Stadium der ESRD hinauszuzögern“, erklärt Professor Dr. Julia Weinmann-Menke, Pressesprecherin der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie (DGfN). „Wir haben nun eine neue Substanzklasse im Armamentarium, um Patienten mit chronischer Nierenkrankheit möglichst lange vor der Dialysepflichtigkeit zu bewahren.“
[1] Präsentation auf dem ESC-Kongress am 30. August 2020. Live-Session: Hot Line DAPA-CKD. Präsentiert von: Hiddo Herspink.
[2] Wheeler DC, Stefansson BV, Batiushin M et al. The dapagliflozin and prevention of adverse outcomes in chronic kidney disease (DAPA-CKD) trial: baseline characteristics. NDT, Aug 30. [Epub ahead of print]
[3] Packer M, Anker SD, Butler J et al. Cardiovascular and renal outcomes with empagliflozin in heart failure (EMPEROR-Reduced). NEJM 2020, Aug 29, 2020. [Epub ahead of print]
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