Information für Geflüchtete / Інформація для біженців з України
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Das Medizinproduktgesetz (MPG) verfolgt den Zweck, den Verkehr mit Medizinprodukten zu regeln und dadurch für die Sicherheit, Eignung und Leistung der Medizinprodukte sowie die Gesundheit und den erforderlichen Schutz von Patienten, Anwendern und Dritten zu sorgen.
In diesem Kontext ist die Frage zu klären, inwiefern die Durchführung intermittierender Dialysen mit zitratbasierter regionaler Antikoagulation nachAnsicht der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) den gesetzlichen Grundlagen und dem medizinischen Stand der Technik entspricht.
Die hier zu prüfende Durchführung von intermittierenden Dialysen mit zitratbasierter regionaler Antikoagulation ist insofern als kombinierte Weiterentwicklung der einerseits bekannten und anderseits neu konzipierten Methode zu bewerten. Nach dem bisherigen Stand der rechtlichen Diskussion, die noch außerhalb juristischer Auseinandersetzungen geführt wird, ist bei Einhaltung der von den Herstellern vorgegeben Parameter eine formal-rechtliche Übereinstimmung mit dem MPG gegeben. Um die Anforderungen der gültigen Medizinproduktebetreiberverordnung (MPBetreibV; zuletzt akt. zum 01.08.2017) zu erfüllen, ist die besondere Beachtung der technisch derzeit noch unverbundenen Schnittstelle zwischen Dialysemaschine und Infusionsgeräten für Calcium und Zitrat sowie der Calcium- Messung (BGA-Gerät) erforderlich. Seitens der Medizintechnik-Industrie sind Entwicklungen erforderlich, um diese technische Verbindung zwischen Infusionstechnik und Dialysemaschinen herzustellen. Solange diese noch nicht vorliegt, muss eine besondere Vertrautheit und Einweisung in die verwendeten Medizinprodukte gewährleistet sein und deren Bedienung anhand schriftlicher Handlungsanweisungen oder Protokolle sicher gestellt werden und diesbezügliche Gefahrenanalysen beachtet werden. Es besteht kein begründeter Verdacht, dass durch den Einsatz der zitratbasierten regionalen Antikoagulation die Sicherheit und die Gesundheit von Patienten, Anwendern oder Dritter bei sachgemäßer Anwendung, Instandhaltung und ihrer Zweckbestimmung entsprechender Verwendung über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaften vertretbares Maß hinausgehend unmittelbar oder mittelbar gefährdet sind.Vielmehr lassendiebisherigen Erfahrungen den Umkehrschluss zu, dass das Risiko einer Gefährdung jedweder Art gering ist. Demzufolge geht die DGfN nach derzeitigem Stand bei der Durchführung intermittierender Dialysen mit zitratbasierter regionaler Antikoagulation von einer gesetzeskonformen Anwendung aus.
Die regionale Antikoagulation (AK) mit Zitrat bei intermittierenden Dialysen wird seit den 60er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts, verstärkt seit etwa dem Jahr 2000, bei blutungsgefährdeten Patienten in Deutschland sowie auch weltweit durchgeführt. Bei kontinuierlichen Verfahren (Hämofiltration, Hämodiafiltration) ist sie Stand der Technik und erfolgt mittels technisch dedizierter Systeme. Dank dieser Methode konnten die Blutungskomplikationen einer konventionellen Dialyse durch systemische (heparin- und fraktioniertes- Heparin-basierte) Antikoagulation massiv gesenkt werden, und es resultiert dadurch eine verbesserte Patientensicherheit. Beispielsweise kam es in einer Beobachtung von 75 blutungsgefährdeten Patienten trotz der intensiven und effizienten Behandlung mit einer zitratbasierten Antikoagulation zu keinerlei Blutungskomplikationen [1] unter Hämofiltration. Hingegen wurden in einer kontrollierten Vergleichsstudie mit zwei verschiedenen Heparinarten unter Hämofiltration bei 47 Patienten 12Blutungsereignisse festgestellt [2].Aus diesen Gründen wird die Vermeidung oder Verstärkung von präexistenten Blutungen (v. a. zerebraler Lokalisation) von klinischen Nephrologen als wichtigste und exklusive Indikation der Zitratantikoagulation angesehen. Dialysefilterbeschichtungen, z.B. mitHeparin, können diesen Effekt nicht vollständig erbringen, da eine zwar reduzierte, aber immer nochmit einemRisiko assoziierte systemische Heparinanwendung nötig ist [3].
Technisch werden verschiedene Protokolle angewendet, die auf der Präfilterinfusion von kalziumkomplexierendem Zitrat basieren und der PostfilterreinfusionvonKalzium. Dabei istu.a.dieÜberwachung der extrakorporalen und patienteneigenen freien Kalziumwerte zwingend notwendig.DieseMethodik ist normierend im aktuellen Dialysestandard der DGfN [4] beschrieben.
Allerdings existiert innerhalb dermomentan zugelassenen, nach MPG zertifizierten Dialysetechnik keine dedizierte technische Lösung, die die Umsetzung der bewährten Protokolle mit einemgekoppelten technischen Systemerlaubt. Hingegen wird von den Anwendern typischerweise eine konventionelle Dialysemaschine oder eine sog. „Single- batch“-Dialyse mit handelsüblichen „Stand-alone“-Infusomaten oder Perfusoren zur Zitrat- und Kalziuminfusion kombiniert.DadieseGerätenichtmiteinander gekoppelt sind und keine übergreifende MPG-Zertifizierung für Zitratdialyse besitzen, ist unklar, ob die AnforderungendesMPGinHinsicht auf eine evtl. zwingend notwendige integrierte Plattform erfüllt werden. Es gibt aber derzeit keine technische Lösung dieses Problems von Seiten der die Dialysetechnik anbietenden Firmen. Es ist aber bekannt, dass diemeisten Kliniken eigeneVor-Ort-Lösungen entwickelt und umgesetzt haben. In einer bundesweiten Erhebung wurde festgestellt, dass an 90% der Universitätskliniken und 50% der Kliniken mit mehr als 400 Betten Zitrat bei Dialyse eingesetzt wird [5]. Die Firma Fresenius Medical Care (FMC) hat als Marktführer im Rahmen ihrer selbst gesetzten Marktbeobachtungspflicht Kliniken identifiziert, an denen Zitrat bei intermittierenden Dialysen eingesetzt wird. FMCwarauchmitdiesenKlinikenander Entwicklung von Behandlungsprotokollen beteiligt und hat diese Entwicklungen finanziell unterstützt [6].
Die DGfN stellt somit fest, dass sich die regionaleZitratantikoagulationbei intermittierenden Dialysen als medizinischer Standardetablierthat.Deshalb istdieMethode im Dialysestandard verankert, international in einer KDIGO-Leitlinie [7] enthalten und im deutschen DRG-System mit dem OPS-Code 8-854.5 [8] abgebildet. Es handelt sich um eine einfach zu handhabende Möglichkeit, effektive Dialysen bei blutungsgefährdeten Patienten durchzuführen. Einem Patienten mit aktiver Blutung droht ein größerer Schaden, wenn er „MPG-konform“ mit Heparindialysen, LMW(„low molecular weight“)-Heparin oder „heparinarmen“ Kurzdialysen behandelt wird.
Die DGfN wird Maßnahmen ergreifen und Fortbildungsstrukturen unterstützen, die zu einer weiteren technischenStandardisierungderMethode beitragen. Außerdem sollte die Dialyseindustrie das Problem einer integrierten Dialyse-Infusions-Plattform zur MPGgerechten Umsetzung der vorliegenden sicheren Zitratprotokolle lösen.
Bis zur Lösung dieses technischen Problems sieht die DGfN folgende Anforderungen, um eine möglichst sichere Zitratdialyse zu gewährleisten:
Bei Gewährleistung dieser Voraussetzung sieht die DGfN die Voraussetzungen für eine höchstmögliche Sicherheit unter den derzeit noch gegebenen beschränkten technischen Bedingungen erfüllt.
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